Text: Veit Deilke
Lesezeit: 4 Minuten

Erfahrungsbericht Bartgeier Monitoring 

Hallo, ich bin Veit, ich will euch von meinem Bartgeier Monitoring berichten, das ich in meiner Zeit als Bufdi beim LBV absolviert habe. Das Bartgeier-Projekt ging aus einer Kooperation des Nationalparks Berchtesgaden und dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz zur Wiederansiedlung im Alpenraum hervor.

Der Bartgeier, damals auch „Lämmergeier“ genannt, wurde anfangs des 20. Jahrhunderts im Alpenraum ausgerottet, weil man ihn fälschlicherweise dafür fürchtete, Vieh, Wild und selbst kleine Kinder davonzutragen, obwohl er sich eigentlich fast ausschließlich von Aas ernährt.

Nach einigen Nachforschungen, ob genügend Nahrung (Aas) in freier Natur vorhanden ist, erfolgreichen ausgewilderten Exemplaren in Nachbarländern und einer geeigneten Felsnische im Nationalpark, entschloss man sich dazu, in einem Zeitraum von zehn Jahren jährlich zwei bis drei junge Bartgeier auszuwildern.

Nahaufnahme eines Bartgeiers mit seinem gebogenen Schnabel, seinem orangefarbenen Federkleid am Kopf und seinen schwarzen Schwingen

Nach Bavaria und Wally im Jahr 2021, Dagmar und Recka 2022, wurden in diesem Frühjahr Sisi und Nepomuk in Berchtesgaden in die besagte (in vorherigen Jahren auch schon verwendete) Nische gesetzt und von einem engagierten Team aus LBVlern und Nationalparkmitarbeitern überwacht. 

Die Jungvögel können bei Nahrungs- und Wasserzugabe völlig ohne Eltern auskommen, sind allerdings flugunfähig – das Fliegen trainieren sie erst am Boden durch tägliche Flattersprünge und hunderte Übungsflügelschläge. Gegen Ende April war es dann so weit: Sisi flog aus, kurz danach auch Nepomuk, auch „Mukl“ genannt, der eine ganze Woche jünger als seine Artgenossin ist. 

Vier Monate später war schließlich ich an der Reihe und bin mit der Bahn von Nürnberg aus nach Berchtesgaden gefahren. Von dort ging es weiter mit dem Bus durch die Ramsau, einem bekannten Bergsteigerdorf, nach Hintersee, einem Ort am gleichnamigen, wunderschönen Bergsee. Nach einer kurzen Pause galt es dann 600 Höhenmeter zu überwinden, was sich mit schwerem Gepäck und mangels nötiger Ausdauer als sehr anstrengend herausstellte.

Blick vom dunklen Wasser des Hintersees hinauf in die Felsen der Berge

Oben angekommen, wurde ich gleich von zwei Mitarbeitern des Projekts an der neuen Monitoring-Hütte in grundlegende Dinge eingeweiht. Allgemein gesprochen, war es unsere Aufgabe, ein Protokoll über alles zu führen, was die beiden Bartgeier unternahmen: Flugzeiten, Flugart, Nahrungsaufnahme, Ausscheidungen und Interaktionen untereinander oder mit anderen ansässigen Arten wie z.B. dem Steinadler, worauf ich später noch einmal zu sprechen komme.

Glücklicherweise durfte ich die Woche über in einer Diensthütte übernachten, die auf einer malerischen Wiese oberhalb des Klausbachtals gelegen ist. Es war für mich als „Stadtkind“ natürlich etwas Besonderes, nicht vom Wecker, sondern vom Klingeln der Kuhherde vor meiner Haustüre geweckt zu werden.

Am nächsten Morgen hieß es dann aufstehen, und zwar früh. Die beiden Bartgeier werden möglichst rund um die Uhr überwacht, so gibt es eine Aufteilung in Früh- und Spätschicht, die mittags wechselt. Ich war Teil der Frühschicht, also musste ich schon bei Sonnenaufgang an Ort und Stelle sein. Für mich bot sich ein einmaliges Erlebnis, weil es mein erster Sonnenaufgang in den Bergen war.

Die erste Monitoring-Schicht hingegen war eher enttäuschend, die beiden Bartgeier ließen sich nur einmal kurz im Flug erblicken, dann entschwanden sie unserer Sicht und machten einen kleinen Ausflug, aus der Umgebung hinaus. Was für mich und meine Monitoring-Partnerin des Nationalparks ziemlich langweilig war, ist für das Projekt sehr spannend, die beiden Vögel sind mit einem GPS-Signal ausgestattet und lassen sich so sehr gut verfolgen.

Bartgeier in Flug

Gegen 13 Uhr war meine Schicht dann auch schon vorbei, ohne weitere Vorkommnisse. Der nächste Tag war schon spannender, vormittags konnte ich die beiden Geier das erste Mal sehr gut beobachten, sie kreisten etwa 20 Minuten in der Sonne den Berg empor. Sonnenlicht erleichtert ihnen das Aufsteigen, weil es Luft und Felsen erwärmt und somit die Thermik verbessert und das Emporsteigen somit fast schon spielerisch erscheinen lässt.

Danach sind die beiden wieder gemeinsam auf einen kleinen Ausflug, das kam in letzter Zeit öfter vor, ich hatte „leider“ die Zeit erwischt, in der sie die gewohnte Umgebung immer öfter verließen und das Umland erkundeten. Dann war meine Schicht auch schon wieder vorbei.

Nachmittags war ich meistens irgendwo im Umland unterwegs, oder habe mich in die benachbarte Halsalm gesetzt, den Abstieg überlegte man sich immer zweimal, weil man zwangsweise wieder hinauf musste. Trotzdem wurden die umliegenden Ortschaften erkundet, darunter auch das malerische Bergsteigerdörfchen Ramsau, umrandet von den berühmten Gebirgsmassiven des Watzmanns, der Reiteralm und des Hochkalters. Im Zentrum steht die Pfarrkirche St. Sebastian, ein weltbekanntes Motiv der Landschaftsmalerei, auch in trister Realität ein schöner Anblick.

Den ursprünglichen Plan, mir Lebensmittel im örtlichen Supermarkt zu kaufen, konnte ich mir allerdings aus dem Kopf schlagen, weil es Sonntag war. Also ging es auf einem wunderschönen Wanderweg entlang der Ramsauer Ache, durch den wirklich bezaubernden Zauberwald wieder zurück zur Diensthütte.

Blick von oben herab ins Klausbachtal, in Hintergrund verschwindet die Spitze eines beeinduckenden Berges in den Wolken

Der nächste Tag war der wahrscheinlich spannendste: morgens bekamen wir die Meldung, dass Recka, ein im Jahr zuvor in der Nische ausgewilderter Bartgeier, in der Umgebung sei und tatsächlich erschien sie kurz darauf in unserem Sichtfeld. Als wäre die erste Begegnung für die beiden mit einem anderen Bartgeier nicht schon genug, tauchten Augenblicke später Steinadler aus dem Klausbachtal auf!

Steinadler haben mit lebenden Tieren eigentlich ein anderes Beuteschema, wollen die Bartgeier aber trotzdem aus ihrem Jagdrevier vertreiben. Geraten die beiden Arten aneinander, können die Geier sehr wehrhaft sein, trotzdem ist der Adler der gefährlichere, weil seine Krallen Instrumente zum Töten sind – die der Bartgeier hingegen sind weitaus schwächer ausgebildet und nur zum Transportieren von Beute gedacht.

Einen kleinen Vorteil hat der Geier aufgrund seiner Größe, die ihn aber wiederum auch weniger wendig macht. Die besagten „Klausbachadler“, zwei Elterntiere und ein Jungvogel, kamen also plötzlich auf den Schirm, was für ein ganz schönes Chaos sorgte, weil wir anstatt zwei Geiern nun sechs Greifvögel auf einmal beobachten und auseinanderhalten mussten. Durch die Ferngläser war das nicht gerade einfach.

Nicht lange und Sisi wurde von einem Steinadler verfolgt und attackiert, der Kampf dauerte aber nicht sehr lange, denn Recka kam dazu und vertrieb den Adler. Fast schon, um das geglückte Zusammenspiel zu feiern, flogen die beiden Bartgeier-Damen anschließend sehr nah beieinander spielerisch durch die Lüfte. Mukl beteiligte sich an dem ganzen Spektakel überhaupt nicht und kreiste entspannt über dem Geschehen. 

Die restlichen Tage meines Monitorings verliefen sehr ruhig, die spannendsten Beobachtungen waren die Interaktionen zwischen den jüngeren Bartgeiern und Recka, die teilweise von den beiden von ihren Futterstellen vertrieben wurde. Weitere Spannung war für mich bei der atemberaubenden Bergkulisse aber auch nicht unbedingt von Nöten.

Alles in allem hatte ich bei meinem Bartgeier-Monitoring sehr viel Spaß, habe viele nette Leute kennengelernt und dabei noch zu etwas gutem beigetragen. Ich werde nächstes Jahr definitiv noch einmal als freiwilliger Mitarbeiter aushelfen!

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